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Nachhaltig und Einfach Bauen – Positionspapier

12. Juli 2022

Der Arbeitskreis Nachhaltiges und Klimagerechtes Bauen des BDA Hamburg hat ein Positionspapier erarbeitet, das hier in einem Vorabzug  zu lesen ist. In elf Thesen wird formuliert, was aus Sicht der Architekturschaffenden befördert werden muss, damit seriöse und langfristige Lösungen für nachhaltiges und einfaches Bauen in der Praxis umgesetzt werden können.

(VORABZUG)

PROLOG

Die Dringlichkeit zur Bewältigung der Klimakrise ist in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Deutschland will bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden. Bei der Umsetzung dieses Zieles kommt dem Bauwesen eine besondere Bedeutung zu. Die Baubranche verursacht ein Drittel des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen in Deutschland und über die Hälfte des Abfallaufkommens.

Der BDA Hamburg sieht sich den Zielen nachhaltigen Bauens und einer klimagerechten Architektur uneingeschränkt verpflichtet und begrüßt die vielen unterschiedlichen Ansätze und Bemühungen, die in den vergangenen Jahrzehnten auf diesem Weg von verschiedensten Akteur*innen unternommen wurden. Angesichts der verschärfenden Faktoren durch die Pandemie und die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa stellen sich die Fragen zur Lösung der dringenden ökologischen, ökonomischen und sozialen Problemstellungen aktuell umso deutlicher.

Als folgerichtiger Ausdruck einer Nachkriegsepoche ständigen Wachstums liegt der Entwicklung der Baupraxis in den letzten Jahrzehnten ein anthropozentrischer Grundgedanke zugrunde, der sich nicht an der Endlichkeit von Ressourcen, sondern insbesondere in Deutschland, an dem gewachsenen Lebensstandard und Komfortanspruch der westlichen Industriestaaten orientiert hat.

Als planende Architekt*innen erleben wir in der Praxis täglich, dass die laufende Erhöhung von technischen Standards zu Kettenreaktionen und Komplexitäten führt, die sich in der Praxis als teils unwirksam, häufig sogar kontraproduktiv und in der Regel kostentreibend und störungsanfällig erweisen.

Angesichts der immensen Herausforderungen der großen Transformation halten wir ein grundsätzliches Umdenken und eine Rückbesinnung auf den eigentlichen Nachhaltigkeitsbegriff für erforderlich. Aus der Praxis heraus möchten wir unseren Beitrag zu einem Prozess des ökologischen und sozialen Wandels im Bauen leisten, in dem Lösungen vermeintlich technischer Probleme nicht ausschließlich durch mehr Technik, sondern durch kluge Reduktion, Suffizienz und durch robuste, langlebige und liebenswerte Gebäude erreicht werden.

I NORMEN UND STANDARDS
Die immer höheren technischen Standards und die damit verbundenen Zielkonflikte und Ressourcenverbräuche im Bauen müssen überprüft und hinterfragt werden.

II REDUKTION UND SUFFIZIENZ
Statt dem immer höheren technischen Einsatz bedarf es einer klugen Reduktion, Suffizienz und dem Planen von robusten, langlebigen und liebenswerten Gebäuden.

III MONITORING UND EVALUATION
Effizienzstandards müssen sich, statt an theoretischen Berechnungen, an den Einsparungen im tatsächlichen Verbrauch orientieren, der durch geeignete Monitoring-Verfahren zu evaluieren ist.

IV ANGEMESSENHEIT, PEAKS UND ABNEHMENDER GRENZNUTZEN
Technische Anforderungen dürfen nicht allein an den Peaks im Jahresverlauf festgelegt werden, sondern müssen in ihrer Angemessenheit auch im Hinblick auf eine suffizientere Lebensweise neu festgelegt werden.

V EINFLUSSFAKTOR NUTZER*INNEN
Nutzer*innen müssen als wesentlicher Einflussfaktor mehr in die Verantwortung eingebunden werden: Häuser verbrauchen keine Energie, Nutzer*innen verbrauchen Energie.

VI KOMFORTSTANDARDS UND BAUKOSTEN
Ständig steigende Ansprüche an Komfortstandards dürfen nicht weiterhin unkritisch in anerkannte Regeln der Technik und Normen überführt werden, sondern müssen in einem interdisziplinären Diskurs auf ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen hin überprüft werden.

VII LOW-TECH UND KLUGES WEGLASSEN
Es bedarf einer Rückbesinnung auf Low-Tech-Lösungen, um resiliente, wartungsarme und langlebige Gebäudestrukturen zu realisieren.

VIII EINFACH BAUEN STATT ÜBERKOMPLEXITÄT
Die Komplexität der Baukonstruktionen muss, zum Beispiel im Sinne des Einfach Bauens nach Prof. Florian Nagler, reduziert werden.

IX NEUBAUTEN SIND DER BESTAND VON MORGEN
Neubauten müssen bereits heute für die Zukunft anpassungsfähig und umbaufähig sein. Bauen im Bestand muss Priorität vor Neubauten haben.

X EXPERIMENT, FORSCHUNG UND EVALUATION
Nachhaltiges Bauen und die Baukultur brauchen das Experimentieren, das Monitoring von Gebäuden und die Forschung an den Hochschulen, sowie Pilot- und Forschungsprojekte, die von öffentlichen Institutionen initiiert werden.

XI DIE MODERNITÄT DES DAUERHAFTEN
Baukultur ist nachhaltig. Gebäude, die geliebt werden, werden nicht abgerissen.

Das vollständige Thesenpapier können Sie im Downloadbereich weiter unten finden.

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