Neues Amt Altona

Neues Amt Altona von Common Agency und Felix Dechert Architekten

Das Projekt Neues Amt Altona von Common Agency und Felix Dechert Architekten überzeugt die Jury des Hans Schaefers Preises 2023 durch besondere Innovationskraft und neue Herangehensweisen im Aufgabenbereich der Architektur. Insbesondere auf der Ebene der
Stadterneuerung, in Bezug auf die soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie im Hinblick auf das erweiterte Aufgabenverständnisses des Architektenberufs ragt das Projekt gegenüber den anderen Einreichungen heraus.

Das Neue Amt Altona ist ein Stadtentwicklungsprojekt in Hamburg-Altona, das sich gegenwärtig noch in Umsetzung befindet. Es umfasst den Neubau eines genossenschaftlich organisierten Bürogebäudes sowie den Erhalt eines bestehenden Kreativhauses mit niedrigen Gewerbemieten im ehemaligen Finanzamt Altona. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof Altona gelegen bildet das Projekt den Auftakt in die Fußgängerzone Neue Große Bergstraße.

Das Neue Amt Altona wird als differenzierter Beitrag zum Diskurs in der Stadtentwicklung über sich wandelnde Geschäfts- und Einkaufsstraßen in den Innenstädten gewürdigt. Es gelingt dem Projekt – aus einer bestehenden Nutzungs- und Gebäudestruktur heraus – eine kleinteilige
Neuprogrammierung zu entwickeln, die Impulse für einen konsumfreien Umbau der Altonaer
Innenstadt setzen kann. Vor dem Hintergrund wegziehender Einzelhandelsfilialen wird Innenstadt hier neu gedacht. Die Erdgeschossbereiche, die als Zwischennutzung im Bestand bereits für öffentliche Veranstaltungen dienen, können ein neuer nachbarschaftlicher Treffpunkt werden.

Die genossenschaftliche Organisation eines Bürogebäudes wird als gemeinwohlorientierte, zukunftsweisende und nachhaltige Raumproduktion positiv bewertet. Der Erhalt des baulichen Bestands mit seiner bestehenden Nutzungsstruktur trägt zu einer sozial verträglichen Weiterentwicklung des Gebäudes und zur Minimierung der freiwerdenden grauen Energie bei. Die geplante Einfachheit (Low-Tech-Ansatz) des überwiegend als strukturellen Holzbau geplanten Neubaus – z.B. ohne automatisierte Kühlung und Lüftung – wird von der Jury als positiver Impuls im Diskurs über die Reduzierung von Standards bewertet. Zusammen mit der flexiblen Grundrisskonzeption verspricht dies eine langfristig gute Anpassungsfähigkeit des Gebäudes.

Die Jury erkennt in der Gestaltung des Gebäudes das Resultat eines gemeinschaftlichen Prozesses, den die entwerfenden Architekten mit ihrer räumlichen Expertise mitgestalten und moderieren.

Die Architekten von Common Agency sind dabei in Personalunion Mitinitiatoren der Genossenschaft Neues Amt Altona und Teil des beauftragten Planungsteams. Die Jury hebt dieses erweiterte Aufgabenverständnis des Architekten als innovative Art des „Stadtmachens“ hervor. Die Grenzen zwischen den Aufgaben des Bauherrn, des Planers und des stadtpolitischen Akteurs greifen ineinander, ein hybrides Berufsbilds des Architekten entsteht.

Andreas Krauth
Jurymitglied