Dominik Ketz

Shortlist BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021

Umbau Güterbahnhof Remagen zu Holzbau-Ingenieurbüro

Remagen

Dominik Ketz

Umbau Güterbahnhof Remagen zu Holzbau-Ingenieurbüro

Remagen
Architekt
Mertens Architekten BDA || INNENARCHITEKTUR Herres & Pape Architekten PartGmbB
Fertigstellung
2020
Mitarbeitende
Hans-Jürgen Mertens, Florian Koll, Christian Seibert
Fotografie
Dominik Ketz
Bauherr
PIRMIN JUNG Deutschland GmbH

Durch energetische Ertüchtigung und Umbau einer bestehenden Güterbahnhofshalle in Remagen wurde der neue, repräsentative Standort der Deutschlandzentrale des internationalen Holzbau-Ingenieurbüros Pirmin Jung geschaffen. Trotz der herausfordernden Lage zwischen den Gleisen der Deutschen Bahn und der Bundesstraße B9, konnte eine ruhige und angemessene Arbeitsatmosphäre geschaffen werden.

Der bestehende Kopfbau wurde saniert und ermöglicht im Obergeschoss die Beherbergung von Mitarbeitern in neu entstandenen, gemeinschaftlichen Apartmentstrukturen. Das Erdgeschoss dient im Zusammenschluss mit der Güterbahnhofshalle als Bürofläche. Die Bestandshalle wurde komplett mit einer energetisch hocheffizienten Holzfassade umkleidet. Eine vertikale Balkenstruktur, als äußere Schicht, bildet hierbei eine Wellenbewegung. Die dreidimensional profilierten Balken schaffen perspektivisch eine dynamische Wirkung, welche eine Assoziation zu den Wellen des nahgelegenen Rheines abbildet. Die Kombination aus sichtbarem Backsteinmauerwerk, dem historischen Dachtragwerk im Inneren und den äußeren Holzbaukomponenten lassen ein stimmiges Gesamtbild entstehen. Die Ausführung beinhaltet die Montage vorgefertigter Elemente der Dach- und Holzfassadenkonstruktion. Zudem ist diese gänzlich rückbaubar und getrennt recyclebar.

Ein Zusammenspiel aus Photovoltaik-Modulen, einem Stromspeicher und einer Wärmepumpe gewährleistet einen möglichst hohen Autarkiegrad auf KfW-70 Standard. Eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung versorgt das Holzbau-Ingenieurbüro mit kontrollierter Frischluftzufuhr.

Shortlist

BDA Architekturpreis Rheinland-Pfalz 2021 – ENGERE WAHL

Güterbahnhofsbauwerke kennt man allerorts. Als eingeschossige lang gestreckte Bauten, meist mit Satteldach, großzügigem Dachüberstand, Laderampe, meistens aus einfachem Sichtmauerwerk sind sie einem irgendwie vertraut. Fast selbstverständlich gehört zu dieser unterschwelligen Wahrnehmung auch das Bild der überwiegenden Verwahrlosung dieses Gebäudetypus’, denn die funktionelle Erfordernis und die ursprüngliche Nutzung sind in der Regel verloren gegangen ... 

Der Umbau dieser Güterbahnhofshalle in Remagen zeigt nun in beispielgebender Art auf, dass auch diese Bausubstanz ein enormes Potential für ein zweites, neues Leben in sich birgt. Das Projekt belegt eindrucksvoll, dass der profane Nutzbau eine wandlungsfähige Grundstruktur bietet. Rigoros belegt nun seit kurzem das Holzbau Ingenieurbüro den hallenartigen Raum mit neuen, flexiblen Arbeitswelten. Die Einbauten lassen den Ursprungscharakter des Gebäudes im Innern erfahrbar bleiben. Die rohen, teils ruppigen Ziegelwände und die alte Dachkonstruktion kontrastieren mit den neuen Elementen, die im taktilen Bereich hochwertige und haptisch angenehme Einbauten, Möblierungen und Oberflächen bieten. 

Die Atmosphärische Wirkung des Raumes spiegelt die harmonische Zusammenarbeit von Architekt*innen, Innenarchitekt*innen mit dem Bauherrn wieder, der in diesem Fall gleichermaßen Initiator, Nutzer und Fachplaner ist. Der zweigeschossige Kopfbau ergänzt Nutzungsbereiche und eine weitere Besonderheit: Wohngelegenheiten ermöglichen einen unkomplizierten Aufenthalt für Akteure aus den weiteren Niederlassungen des Büros oder auch für temporäre Mitarbeiter. 

Das äußere Erscheinungsbild prägen Dämmhaut und (vielleicht ein wenig formal) Holzlamellen - quasi als Aushängeschild der Holzbauingenieure. Der gewisse Umkehreffekt von Außen- und Innenhaut ist interessant und nachvollziehbar - wünschenswert wäre aus Sicht der Jury eine gestalterische Korrespondenz von Kopf- und Hallenbau gewesen. 

Obwohl das Umfeld des ehemaligen Güterbahnhofs nach wie vor von stark befahrenen Straßen- und Schienenwegen umgeben ist, die selbstredend eine gute Erreichbarkeit des Büros gewährleisten, ist es gelungen eine neue Arbeitswelt zu schaffen, die im Inneren nur eine Geräuschkulisse durch die eigene Emsigkeit erzeugt und im Außenbereich vielfältige Freiraum- und Aufenthaltsqualitäten offeriert unter eben diesen typischen und weiterhin lesbaren Elementen von Güterbahnhofsbauwerken.